Wenn der FC Bayern am Sonntagabend (19.30 Uhr) zum Südgipfel- und Top-Duell des 15. Spieltags den VfB Stuttgart empfängt, ist es für VfB-Cheftrainer Sebastian Hoeneß eine Rückkehr in seine Heimatstadt.
Der gebürtige Münchner war von 2017 bis 2020 in der Nachwuchsakademie des deutschen Rekordmeisters tätig und gewann mit der zweiten Mannschaft die 3. Liga. Seit April ist der 41-Jährige nun Trainer der Stuttgarter und führte die Schwaben vom Tabellenende bis in die Champions-League-Plätze. Im Interview mit fcbayern.com spricht Hoeneß über seine Verbindung zu beiden Klubs, die Grundlagen des aktuellen VfB-Erfolgs und natürlich das kommende Duell in der Allianz Arena.
Das Interview mit Sebastian Hoeneß
Servus, Herr Hoeneß! Am Sonntag besuchen Sie als Cheftrainer des VfB Stuttgart Ihren Ex-Klub FC Bayern. Wie groß ist Ihre Vorfreude auf die Rückkehr für einen Tag?
Hoeneß: „Nach München zu kommen und gegen den FC Bayern zu spielen, ist für mich immer etwas Besonderes. Dass wir aktuell in der Tabelle fast gleichauf mit dem FC Bayern liegen, macht es noch spezieller.“
„Das sind sicherlich die beiden Vereine, mit denen ich emotional am stärksten verbunden bin.“
Sebastian Hoeneß
Das Duell FC Bayern – VfB Stuttgart hat viel Tradition. Was verbindest Du persönlich mit dem Duell und den beiden Vereinen?“
„Es sind sicherlich die beiden Vereine, mit denen ich emotional am meisten verbunden bin. Ich war schon ein paar Mal als Bayern-Fan auf der Tribüne, natürlich vor allem aufgrund der familiären Bindungen. Und ich habe auch schon ein paar Mal für den VfB mitgefiebert, zum Beispiel als mein Vater dort Trainer war; wir haben in Stuttgart gewohnt und ich war selbst Jugendspieler beim VfB. Irgendwann bin ich dann als Jugendtrainer nach München zurückgegangen und jetzt bin ich als Cheftrainer wieder in Stuttgart. Das ist etwas Besonderes, deshalb fiel es mir so leicht, mich in Stuttgart sofort wohlzufühlen.“
Wenn Ihnen jemand Anfang April, als Sie das Traineramt beim VfB übernommen haben, gesagt hätte, dass Sie kurz vor Weihnachten nach München reisen würden, um in einem absoluten Bundesliga-Kracher um Platz zwei zu kämpfen, wie hätten Sie reagiert?
„Natürlich haben wir nicht damit gerechnet. Wir haben gehofft, dass wir den Schwung aus der guten Schlussphase der letzten Saison mitnehmen können. Wir sind dann gut gestartet und haben jetzt einen Lauf, der sich auf alle Bereiche unseres Spiels übertragen hat und am Ende wahrscheinlich eine gute Hinrunde für uns wird. Darüber freuen wir uns alle sehr. Und deshalb ist es für uns einfach eine große Freude, in dieser Position ein Spiel in München bestreiten zu können.“
Unter Ihrer Führung als Trainer hat sich der VfB in den letzten Monaten vom Abstiegskandidaten zu einem Team in den Top-4 der Liga entwickelt. Wo sehen Sie die Grundlagen dafür?
„Das hat mehrere Gründe und Abläufe. Erstens haben wir eine gute Mannschaft mit guten Spielern und guten Charakteren, eine gute Führungsstruktur. Das konnten wir mit unseren Neuzugängen im Sommer aufrechterhalten und vielleicht sogar noch etwas ausbauen. Wir haben also einen richtig guten Spirit, eine Teamplayer-Mentalität und auch eine gute Arbeitsmoral. Das, kombiniert mit dem Selbstvertrauen, das wir durch unseren guten Lauf bekommen haben, hat es uns ermöglicht, so viele Punkte mit nach Hause zu nehmen.“
„Es erwartet uns eine größtmögliche Herausforderung, aber wir freuen uns trotzdem, uns mit der Mannschaft messen zu können, die den deutschen Fußball in den letzten Jahren geprägt hat.“
Sebastian Hoeneß
Viele sprechen von Stuttgart als Überraschungsteam der Saison. Warum ist es aus Ihrer Sicht keine Überraschung, dass Sie im oberen Tabellendrittel stehen?
„Entscheidend ist unsere Spielweise und die haben wir bereits im letzten Jahr angedeutet. Zudem konnten wir uns fußballerisch weiterentwickeln und in den meisten Spielen unsere Vorstellungen auf dem Platz umsetzen. Wenn uns das gelingt, sind wir erfolgreich. Das überrascht mich nicht. Aber dass wir nach dem Abstiegskampf im Sommer am Jahresende wahrscheinlich unter den ersten Vier stehen, ist natürlich überraschend.“
Die Bayern konnten nach der 1:5-Niederlage in Frankfurt am Dienstag in der Champions League mit einem 1:0-Sieg bei Manchester United eine Reaktion zeigen. Was erwarten Sie am Sonntag vom FCB?
„Sie werden hochmotiviert sein und alles daran setzen, ihr letztes Heimspiel des Jahres zu gewinnen. Auf uns wartet die größtmögliche Herausforderung, dennoch freuen wir uns riesig, dass wir uns gegen die Mannschaft messen dürfen, die den deutschen Fußball in den letzten Jahren geprägt hat. Wir hoffen auch, dass wir sie ärgern können, wenn wir einen guten Tag erwischen. Nun liegt es an uns, am Sonntag einen guten Tag zu erwischen.“
Auch David Krecidlo, der schon bei der U19 und den Amateuren des FC Bayern Ihr Co-Trainer war, steht Ihnen in Stuttgart zur Seite. Welchen Stellenwert hat er für Sie in Ihrer täglichen Arbeit?
„Er ist für mich enorm wichtig, er begleitet mich seit Jahren und hat auch einen ganz großen Anteil an meiner eigenen Entwicklung. Dabei sehe ich es nicht als meine Entwicklung, sondern als unsere Entwicklung. Wir vertrauen uns zu 100 Prozent, wir ergänzen uns. Er ist auch ein großer Faktor für die positive Entwicklung, die wir jetzt beim VfB gemacht haben.“
Mit Angelo Stiller und Wooyeong Jeong stehen zwei Spieler in Ihrem Kader, die Sie bereits in München trainiert haben. Wie entwickeln sie sich?
„Für Angelo hätte es kaum besser laufen können, für ihn und für uns. Er ist aktuell unumstrittener Stammspieler. Das war sein Ziel, als er zu uns kam. Wir brauchten einen Neuzugang, der unsere Spielweise kennt, auf den Platz bringen kann und sofort in der Lage ist, in der Bundesliga zu spielen.
Das hat er sehr eindrucksvoll bewiesen. Bei Woo muss man das etwas anders sehen. Er hat richtig gut angefangen und uns zu einem guten Saisonstart verholfen. Dann war er mit der südkoreanischen U23 bei den Asienspielen, wurde Torschützenkönig und sie holten den Titel, was für ihn ein unglaublicher Erfolg war und ihn auch vom Militärdienst befreite. Generell hat er danach aber vielleicht nicht immer die nötige Frische gehabt. Aber er ist ein wichtiger Teil unseres Kaders und sorgt in der Offensive immer wieder für Impulse.“
Hast du noch Kontakt zu ehemaligen FC Bayern-Kollegen und inwiefern verfolgst du das Geschehen am Campus noch?
„Ich verfolge das Geschehen, insbesondere was die U19 und die Amateure betrifft, noch immer. Ich stehe unter anderem mit Jochen Sauer und Dirk Teschke noch in Kontakt, aber auch mit meinen ehemaligen Spielern Timo Kern, Maxi Welzmüller und Nico Feldhahn, die teilweise noch immer am Campus spielen oder in anderer Funktion tätig sind.“
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